(Es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrter Frau Stadtverordnetenvorsteherin,
Sehr geehrte Damen und Herren,
die SPD- Fraktion stellt folgenden Antrag:
Die Stadtverordnetenversammlung beschließt die Durchführung eines Bürgerentscheids über folgende Frage:
Soll in Nidda ein Ganzjahresbad gebaut werden?
Viele werden sich fragen, warum wir erst jetzt diesen Antrag stellen? Die Antwort ist ganz einfach: Der hessische Landesgesetzgeber hat erst durch die letzte Änderung der hessischen Gemeindeordnung den Gemeindevertretungen die Möglichkeit eingeräumt, anstelle einer eigenen Entscheidung die Durchführung eines Bürgerentscheids zu beschließen. Diese Möglichkeit gibt es also erst seit dem 1. Januar 2016. Ein derartiger Beschluss bedarf der Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Mitglieder der Gemeindevertretung, d.h. heute Abend müssten 25 Stadtverordnete sich dafür entscheiden, dass in dieser wichtigen Frage einen Bürgerentscheid durchgeführt werden soll. Es geht also heute nicht um die Frage: „Ob und in welcher Form wir uns einen Ersatz für das marode Hallenbad leisten können?“ sondern ausschließlich um die Frage: „Ob wir dies unsere Bürgerinnen und Bürger entscheiden lassen wollen oder nicht?“ Für ein derartiges Vertreterbegehren ist auch weder ein Kostendeckungsvorschlag noch eine Begründung erforderlich.
Die zweite Frage kann man meiner Meinung nach nur mit einem klaren „Ja“ beantworten. Man könnte jetzt einwenden, dass die Frage durch die letzte Kommunalwahl beantwortet worden wäre. Bei allen unterschiedlichen Wahlanalysen bin ich mir in einem aber vollkommen sicher: Das Thema „Ganzjahresbad“ war nicht das entscheidende Thema der Kommunalwahl in Nidda. Es war ein wesentliches Thema. Wenn ich mir aber die Kommunalwahlergebnisse in ganz Hessen betrachte, war es mit Sicherheit nicht entscheidend für den Ausgang der Kommunalwahl in Nidda.
Mit der gesetzlichen Änderung wollte der Gesetzgeber eine Beteiligung der Bürger in den Gemeinden erleichtern. Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, Ihre Vertreter im Landtag haben diese Änderung für notwendig erachtet und ich denke, dass wir gemeinsam diese Chance hier in Nidda nutzen sollten.
Gerade die Diskussion über den Bau eines Ganzjahresbades in Nidda ist doch ein Musterbeispiel dafür, dass der Gesetzgeber zu Recht die Möglichkeiten für einen Bürgerentscheid erweitert hat.
Seit dem Beschluss vom 24. April 2012 über den Bau eines Ganzjahres-Hallenbades in Niedrig-Energiebauweise wurde auf vielfache Art und Weise eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an einer Entscheidung, ob ein Ganzjahresbad gebaut werden soll oder nicht, angestrebt.
So wurde am 15. April 2013 beim Magistrat der Stadt Nidda ein mit 1642 Unterschriften unterstütztes Bürgerbegehren eingereicht zu der folgende Frage: „Sind Sie dafür, dass in Nidda ein neues Hallenbad gebaut wird, obwohl die Stadt hochverschuldet ist und ohne, dass ein Alternativentwurf zur Sanierung des bestehenden Hallenbades vorliegt?“ Dieses Bürgerbegehren entsprach nicht den gesetzlichen Vorgaben und musste daher als unzulässig zurückgewiesen werden. Der entsprechenden Empfehlung des Magistrats, das Bürgerbegehren zum Neubau eines Hallenbades unter anderem wegen einer zu unbestimmten Fragestellung als unzulässig zurückzuweisen, ist die Stadtverordnetenversammlung am 25. Juni 2013 daher auch einstimmig bei 9 Enthaltungen gefolgt. Die SPD-Fraktion hat sich damals nicht „vehement“ gegen einen Bürgerbegehren gewandt. Wir haben uns nur der nachvollziehbaren und eindeutigen Beschlussempfehlung des Magistrats, die auf einer absolut eindeutigen Stellungnahme des Hessischen Städte- und Gemeindebundes vom 03. Juni 2013 beruhte, angeschlossen. Aus dieser Stellungnahme ergab sich eindeutig, dass wir nach den gesetzlichen Bestimmungen verpflichtet waren, das Bürgerbegehren nicht zuzulassen.
Dennoch wurde durch die hohe Anzahl der Unterschriften deutlich, dass viele Bürgerinnen und Bürger bei dieser wichtigen Frage direkt mitentscheiden wollen. Durch die zum 1. Januar 2016 in Kraft getretene Gesetzänderung können wir jetzt diesem Wunsch nachkommen.
Die hohe Anzahl der Unterschriften hat die CDU-Fraktion ja auch veranlasst, eine Bürgerbefragung zu initiieren. So hat die Stadtverordnetenversammlung am 27. August 2013 einstimmig bei drei Enthaltungen auf einen Antrag der CDU-Fraktion hin den Magistrat beauftragt, zu prüfen, wie eine Bürgerbefragung bezüglich der Thematik Hallenbadneubau durchgeführt werden kann. Eine derartige Bürgerbefragung erfolgte dann im Juli 2015.
Der Abschlussbericht ist jedoch auslegungsfähig und führte nicht zu einem eindeutigen Ergebnis. So wurde der Neubau eines Ganzjahresbades im Ergebnis als „notwendig bis überaus notwendig“ angesehen. Dass demgegenüber eine Akzeptanz für eine Erhöhung der Gebühren und Abgaben als sehr gering bewertet wurde, könnte gegen einen Neubau sprechen. Zum einen haben wir darüber aber heute nicht zu beschließen, da es heute Abend ausschließlich darum geht, ob wir die Entscheidung über einen Neubau unseren Bürgerinnen und Bürgern überlassen wollen oder nicht. Erst im Rahmen dieser Entscheidung wären dann selbstverständlich die finanziellen Auswirkungen zu berücksichtigen. Zum anderen spricht vieles dafür, dass uns in den nächsten 30 Jahren der Erhalt des Freibades mehr kosten wird als der Neubau eines Ganzjahresbades, wir also wegen einem Neubau eines Ganzjahresbades keine Gebühren erhöhen müssten.
Mit Abschluss der Bürgerbefragung waren alle damaligen gesetzlichen Möglichkeiten zur Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger ausgeschöpft. Da in der Vergangenheit fraktionsübergreifend in dieser wichtigen Frage für die weitere Entwicklung der Stadt Nidda eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger jedoch als erstrebenswert angesehen wurde, sollten wir diese erst seit dem 1. Januar 2016 bestehende Möglichkeit nutzen und die Durchführung eines Bürgerentscheids zu der Frage, ob in Nidda ein Ganzjahresbad gebaut werden soll oder nicht, beschließen.