GANZJAHRESBAD SPD scheitert erwartungsgemäß mit ihrem Antrag / „Verschwendung“ angeprangert
NIDDA – (wa). Erwartungsgemäß scheiterte die SPD-Fraktion am Dienstagabend in der jüngsten Stadtverordnetenversammlung mit ihrem Antrag, umgehend den Bau des Ganzjahresbades auf den Weg zu bringen.
Jürgen Heldt, der in der vorletzten Wahlperiode noch für die Freien Unabhängigen Bürger in der Stadtverordnetenversammlung saß und jetzt in die SPD-Fraktion nachrückte, kritisierte das Verhalten von CDU und Bürger-Liste, aber auch das von Bürgermeister Hans-Peter Seum (parteilos). Während die beiden so angesprochenen Fraktionen konterten und ihre Standpunkte wiederholten, äußerte sich Seum nicht.
Heldt erinnerte an den im April 2012 „einstimmig gefassten Beschluss, ein Ganzjahresbad in Niedrigenergiebauweise inklusive Großrutsche zu errichten“. Damals sei die Finanzierung sichergestellt gewesen, wie man auch dem Innenministerium versichert habe, das deshalb im Dezember 2012 einen Zuwendungsbescheid über eine Million Euro für das Projekt übergeben habe.
Doch statt den Bau voranzubringen, seien kurze Zeit später Zweifel aufgetaucht, ob die Stadt das Projekt finanziell stemmen könne. Dabei habe sich die Haushaltssituation nicht drastisch verändert, erläuterte Heldt. Um Alternativen zu eruieren, seien Gutachten beauftragt worden. „Allein für Gutachterkosten und Architektenleistungen wurden von 2008 bis 2011 174 668 Euro ausgegeben“, sagte Heldt. Das sei „Verschwendung von Steuergeldern“.
CDU und Bürger-Liste würden „einen Eiertanz vollziehen“ und die Bürger im Unklaren lassen, was sie wirklich wollten. Sie würden den Erhalt des Freibades am Schulstandort Nidda und die Weiterentwicklung als familienfreundliche Stadt propagieren, „aber ihr politisches Handeln steht diesen Zielen entgegen“, monierte Heldt. Für den Erhalt des Freibades seien auch erhebliche Investitionen nötig.
Den Vorwurf, man habe einen „Schaufenster-Antrag“ gestellt, lasse sich die SPD gefallen, führte Heldt aus. Man habe den Antrag sogar bewusst, ja provokativ gestellt, um den Bürgern zu zeigen, „wie die von ihnen gewählten Vertreter mit ihrem Mandat umgehen“.
Bürgerbefragung
Auch die Bürgerbefragung habe kein eindeutiges Ergebnis gebracht. „Ganz im Gegenteil – das hat Kosten verursacht, ohne inhaltlich einen Schritt weiter gekommen zu sein.“ In diesem Zusammenhang kritisierte Heldt das Verhalten von Bürgermeister Seum. Dieser habe gesagt, dass die Bürgerbefragung nicht im Auftrag des Magistrates in Auftrag gegeben worden sei und es dem Finanzausschuss und der Stadtverordnetenversammlung obliege, aus dem Ergebnis der Befragung Konsequenzen für die weitere Planung zu ziehen. Aber der Beschluss des Ausschusses, auf dem die Bürgerbefragung basiere, sei eine Vorlage des Magistrates gewesen. Er habe sich und die Verwaltung instrumentalisieren lassen, warf Heldt dem Bürgermeister vor, denn die Befragung habe das gleiche Ziel gehabt wie das Bürgerbegehren der CDU, das gescheitert sei. Es sei an der Zeit, „Nägel mit Köpfen zu machen“ und den Bürgern endlich mitzuteilen, ob das Ganzjahresbad gebaut werde.
Dr. Wilfried Schneider von der Bürger-Liste betonte, dass es sich einst um einen Grundsatzbeschluss gehandelt habe, um den Landeszuschuss zu erhalten. Tenor sei gewesen: „Wenn wir den Neubau in Angriff nehmen, dann nach den Planungen, die in der Arbeitsgruppe entwickelt wurden.“ Die Stadt Nidda habe 60 Millionen Euro Schulden und der Kassenkredit sei mit 30 Millionen Euro ausgereizt. In der Folge habe die Kommunalaufsicht der Stadt „härteste Daumenschrauben angelegt“. Die Bürger-Liste werde das Projekt nicht mittragen, weil dies nur mit einer massiven Neuverschuldung zu finanzieren sei, sagte Schneider.
Die Ergebnisse der Bürgerbefragung dürften nicht ignoriert werden. Zudem müsse man wissen, dass das Freibad „planiert“ werde, wenn das Ganzjahresbad gebaut werde. Die erste Kostenschätzung für den Neubau habe bei sieben Millionen Euro gelegen. Mittlerweile seien es wegen der „halbwegs zuverlässigen Schätzung der Gründungskosten“ zwölf Millionen Euro. Und man könne davon ausgehen, „dass das Projekt bei 15 bis 16 Millionen Euro landen wird“.
Eine Auflage der Kommunalaufsicht für die Genehmigung des Ganzjahresbades sei seinerzeit gewesen, dass das Defizit aus dem Betrieb nicht höher ausfalle als der laufende Betrieb, sagte Schneider. Es seien Modellrechnungen mit einem „utopischen“ Caféteria-Erlös angestellt worden. Die Deckungslücke sei deutlich größer und würde die Stadt vor „unlösbare Probleme“ stellen. Zudem müsse man bis 2019 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, erinnerte Schneider, der den Wetteraukreis und die umliegenden Kommunen kritisierte, weil diese das Hallenbad zwar gerne nutzen, aber nicht bei der Finanzierung helfen wollen.
Karl-Heinz Haas (Die Linke) prangerte die ungenügende finanzielle Ausstattung der Kommunen durch Bund und Land an. Nach der Schließung des Amtsgerichts würden beim Land nun Bäder, Bibliotheken und „weitere soziale Errungenschaften“ auf dem Prüfstand stehen. „Wo bleiben die Maßnahmen von Bund und Land zur Sicherung des jetzigen Standards und dem Erhalt der vorhandenen Infrastruktur?“, fragte Haas.
„Zum aktuellen Zeitpunkt können wie uns finanziell kein Ganzjahresbad leisten“, sagte Till Neumann (CDU). Auch seiner Fraktion sei es wichtig, „in Nidda ein Schwimmbad zu haben und zu halten, aber nicht für jeden Preis und definitiv auch nicht um jeden Preis“. Es könne nicht der richtige Weg sein, das Ganzjahresbad zu bauen und dieses durch weitere Steuern- und Gebührenerhöhungen, die Streichung von Leistungen oder die Anhebung der Kindergarten-Gebühren zu finanzieren. „Es ist höchste Zeit, die Handbremse zu ziehen, bevor wir finanziell gegen die Wand fahren“, betonte Neumann.
Energiekosten
Der Neubau sei die „kostengünstigste Alternative“, sagte hingegen Stefan Knoche (SPD). Die laufenden Kosten seien derzeit das Problem. Da Energie teurer werde, müsse man jetzt investieren, zumal man sehr günstige Kredite erhalte. „Es ist eine Investition in die Zukunft der Stadt Nidda“, bat er um Zustimmung zu dem Antrag.
„Was wir hier erleben, ist das Schauspiel ,Sozialabbau auf dem Land‘“, sagte Marcus Stadler (Grüne). Es gelte, die Energiekosten zu senken. Seine Fraktion wolle die „wirtschaftlich tragbarste Lösung“ und befürworte deshalb den Antrag. Die Stadt Nidda müsse als Kommune ihre Aufgaben erfüllen und die Versorgung der Bürger und den Erhalt der Lebensqualität sicherstellen.
Die SPD-Fraktionsvorsitzende Christine Jäger beantragte namentliche Abstimmung, die erwartungsgemäß ausfiel. Die Stadtverordneten von SPD und Grünen sowie Karl-Heinz Haas antworteten mit „Ja“, was 15 Stimmen entsprach. Mit „Nein“ stimmten die 18 Mandatsträger von CDU und Bürger-Liste.
Quelle: Kreis-Anzeiger