„Gegen Schröpfen der Gemeinden“

RESOLUTION Niddas Stadtverordnete fordern vom Land Hessen eine in Zukunft bessere Finanzausstattung

NIDDA – (ten). Mehr als zwei Drittel der Niddaer Stadtverordneten unterstützen während der jüngsten Sitzung eine Resolution der SPD-Fraktion zur Finanzausstattung der hessischen Kommunen. Darin fordert sie vor allem, dass das sogenannte Alsfeld-Urteil des Staatsgerichtshofs, dass das Land den Kommunen ausreichende Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung zu stellen hat, umgesetzt wird.

Die Fraktionsvorsitzende Christine Jäger wünschte sich, dass auch in der Wetterau die Bürgermeister wie im Main-Kinzig-Kreis parteiübergreifend „geschlossen gegen das ständige Schröpfen der Städte und Gemeinden“ protestieren. Der jüngste Erlass des Innenministers könne nicht einfach ignoriert werden, denn die Haushaltspläne würden nach diesen Richtlinien geprüft und genehmigt.

Dabei habe das Urteil, das einer Klage der Stadt Alsfeld gegen das Land stattgab, klargestellt, dass die Finanzierung der Kommunen nicht nach politischem Belieben geregelt werden dürfe. Vielmehr müsse der Finanzbedarf ermittelt und die Gelder nach einem gerechten, transparenten und rationalen System verteilt werden.

Jäger befürchtet, dass nach dem Erlass des Innenministers das große Sparen einsetzen werde. Das Ergebnis werde der scheinbare Nachweis sein, dass die Kommunen mit weniger Geld auskommen. Wenn dann 2016 endlich die Neuregelung des Finanzausgleichs nach dem Urteil komme, könne dieser noch weiter reduziert werden.

Mit dem Herbsterlass betreibe der Innenminister „eine Abzocke der Bürgerinnen und Bürger“, gegen die die Stadtverordneten ein Zeichen setzen müssten. Das Land müsse das Konnexitätsprinzip, wonach der, der Aufgaben auf die Kommune übertrage, diese auch finanzieren müsse, strikt einhalten. Dies gelte insbesondere auch für die U3-Betreuung, in der das Land zwar Bundesmittel an die Kommunen weiterleite, jedoch kaum eigene Gelder einbringe.

Schwierige Lage

Adelheid Spruck-Stehling Fraktionsvorsitzende der CDU, räumte ein, dass die Finanzlage der Kommunen schwierig sei. Allerdings sei sie in Bund und Land auch nicht einfacher.

„Die Zeiten von ,Ich wünsch mir was‘ sind vorbei.“ Sparen und Kürzungen würden nicht ausreichen, um die Haushalte zu sanieren. Steuern und Gebühren müssten erhöht werden. Das sei die Folge davon, dass man früher über seine Verhältnisse gelebt habe.

Spruck-Stehling kritisierte, dass die SPD zwar das Land zu einer gerechten Finanzierung der Kommunen auffordere, den Kreis aber verschone. Der habe die Kreisumlage mit den Stimmen der SPD-Vertreter im Kreistag erhöht. „Wo ist die finanzielle Unterstützung des Wetteraukreises beim Schulsport, bei einem Hallenbadneubau?“ Auch habe der Staatsgerichtshof nicht gesagt, dass die Kommunen mehr Geld bekommen müssten, sondern nur, dass deren Finanzbedarf berechnet werden müsse. „Der Kommunale Finanzausgleich erreicht 2014 einen Rekordwert“, erklärte Spruck-Stehling. Die Landeszuweisungen betrügen erstmals über vier Millionen Euro. Außerdem habe das Land mit dem kommunalen Schutzschirm überschuldete Kommunen mit 3,2 Milliarden Euro unterstützt. Die Tilgung in Höhe von insgesamt 2,8 Milliarden Euro übernehme das Land.

Im vorigen Jahr seien die Steuereinnahmen der Kommunen mit 7,6 Milliarden Euro um fast eine Milliarde gestiegen. Die hessischen Kommunen gäben im Bundesvergleich am meisten aus. „Auch daher haben sich die Kassenkredite in Hessen seit 2007 mehr als verdoppelt, bei uns in Nidda fast verneunfacht.“ Gegenüber 2007 mit vier Millionen Euro, aktuell 35 Millionen Euro. Dennoch wollten einige Stadtverordnete ein Hallenbad für zehn Millionen Euro bauen. „Wer Träume wie einen Hallenbadneubau lebt und umsetzen will, sollte nicht klagen, sondern in die Hände spucken“, forderte die CDU-Fraktionsvorsitzende, die Schulden der Stadt konsequent abzubauen.

Erster Stadtrat Reimund Becker wies angesichts der Behauptungen zu den steigenden Steuereinnahmen auf die Tücken der Statistik hin. Diese bilde aus prosperierenden und Not leidenden Kommunen einen Mittelwert. „Nidda geht es nicht schlecht, weil wir so viel investieren, sondern weil wir im Geschäftsbetrieb mehr ausgeben als einnehmen“, wandte er sich gegen die Verknüpfung der Resolution mit dem Hallenbadprojekt. „Wenn Sie meinen, wir können mit der Sanierung des Bestandsgebäudes Geld sparen, dann verbrennen Sie Geld.“

Karl-Heinz Haas (Linke) konnte sich den Seitenhieb nicht verkneifen, dass das Zögern der SPD bei einer Zusammenarbeit mit der Linken erst die letzte und die aktuelle Landesregierung ins Amt gebracht habe.

Bernd Schoeps von der Bürger-Liste stimmte der Kritik an der Landesregierung zu. „Das gesamte Sparen hilft nichts, wenn man nicht mindestens den Versuch unternimmt, an die Mittel heranzukommen, die uns zustehen.“ Er forderte die Stadtverordneten auf, die Interessen der Stadt Nidda statt Parteipolitik im Auge zu haben.

Bürgermeister Hans-Peter Seum erklärte, dass auch er den Antrag unterstütze. Es sei ein Paukenschlag in der Geschichte des Staatsgerichtshofs gewesen, dass erstmals eine Kommune eine Verfassungsklage gegen das Land gewonnen habe.

Quelle: Kreis-Anzeiger