Noch herrscht das Prinzip Hoffnung

Setzen auch Sie sich für den Erhalt des Niddaer Amtsgerichtes ein!!!

Kreis-Anzeiger

Richter, Rechtsanwälte und Politiker kämpfen um das Amtsgericht in Nidda – „Lassen uns nicht alles gefallen“

Wolfgang Kunert. Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn muss in seinem Zuständigkeitsbereich rund 23,6 Millionen Euro einsparen. Helfen soll dabei, so der Minister, die Schließung von Amtsgerichten. Auf der Kippe steht auch das im Schloss untergebrachte Amtsgericht Nidda. Gegen die Pläne des Justizministeriums formiert sich derzeit in der Region Widerstand: Richter, Rechtsanwälte und die Rathauschefs rund um Nidda wollen an einem Strang ziehen, die drohende Schließung verhindern. Noch herrscht allerdings bei allen das Prinzip Hoffnung, dass der Kelch an Nidda vorübergeht.

Seit geraumer Zeit wird das ehrwürdige Gemäuer in Nidda renoviert und saniert. 850 000 Euro wurden bislang verbaut. Nicht nur deswegen hofft Amtsgerichtsdirektor Christoph Hössl, dass er weiterhin im erst kürzlich grundlegend sanierten Sitzungssaal 1 im Namen des Volkes seine Urteile verkünden kann.

Dazu steht für Hössl fest: „Das Amtsgericht ist aus der Infrastruktur der Region nicht wegzudenken. Außerdem werden mit dieser Art des Sparens ausschließlich teure Ruinen geschaffen.“

Hiesige Rechtsanwälte teilen diese Auffassung. Außerdem fragen sie sich, wer das Gebäude nach einer Schließung vor Randalierern schützen soll, da der Polizeiposten in Sichtweite des Schlosses keine Hilfe sei. Denn: Er ist nachts nicht besetzt. Dazu komme: Der erhöhte Aufwand der Bediensteten, um zu den eventuellen neuen Dienststellen, etwa nach Alsfeld (70 Kilometer), zu fahren, werde den Zeitaufwand und die Verfahrenskosten in die Höhe treiben.

„Wir als Rechtsanwälte bekommen diese Kosten ersetzt, doch was ist mit dem grundlegenden Service vor Ort“, fragt sich der Niddaer Rechtsanwalt Rolf Hartmann, Vorstandsmitglied des Oberhessischen Anwaltsvereins. Die Anwälte des Niddaer Amtsgerichtsbezirks, der die Kommunen Nidda, Hungen, Schotten, Ranstadt und Echzell umfasst, wollen kommende Woche während eines gemeinsamen Treffens die Situation besprechen.

Beim Kampf für den Erhalt des Amtsgerichts werde man vor allem dessen Mittelpunktfunktion für die Menschen der Region ins Feld führen, so Hartmann.

Laut Hartmann und Hössl rechtfertigten vor allem die jährlich anfallenden 1500 Betreuungsverfahren eine Bestandsgarantie für Nidda. „Und es werden bei diesen Verfahren jährlich 500 mehr“, ergänzt der Amtsgerichtsdirektor. Darüber hinaus sei es bei diesen Verfahren erforderlich, dass die zuständigen Justizmitarbeiter ihren Amtssitz vor Ort in unmittelbarer Nähe der betroffenen Personen behielten. Mit ihren Argumenten stehen die Juristen nicht alleine da. „Man soll uns mal vorlegen, was zum Beispiel die Schließung des Amtsgerichts in Butzbach vor wenigen Jahren finanziell gebracht hat“, fordert Schottens Bürgermeisterin Susanne Schaab-Madeisky und kündigt an, dass man sich in Schotten nicht alles gefallen lassen werde. Den Anfang will man mit einer Resolution der Stadtverordnetenversammlung machen. Mit dem Stadtverordnetenvorsteher, dem Schottener Rechtsanwalt Wolfgang Dorfinger, habe sie bereits gesprochen. Außerdem baut Schaab-Madeisky auf die Unterstützung der Kollegen in den umliegenden Rathäusern. „Wir sitzen alle im selben Boot – auch wenn es bereits zu sinken scheint.“

Niddas künftiger Bürgermeister Hans-Peter Seum kündigte an, dass er sich mit in dieses Boot setzen wird. Noch vor seinem offiziellen Amtsantritt am 19. April will sich Seum schriftlich an den Minister, die Wetterauer Landtagsabgeordneten sowie die Bundestagsabgeordnete Lucia Puttrich wenden, um sich für den Erhalt des Amtsgerichts in Nidda einzusetzen.

An seiner Seite stehen Niddas Erster Stadtrat Reimund Becker und Ranstadts Rathauschefin Cäcilia Reichert-Dietzel. „Wir müssen dem bedingungslosen Zentralisierungswahn entgegentreten. Eine bürgernahe Verwaltung muss in der Region verankert bleiben“, fordert Reichert-Dietzel. Für sie und Becker ist es fraglich, ob eine Schließung zur gewünschten finanziellen Einsparung führe. „Wir müssen ein gewisses Maß Bürgernähe unserer Verwaltung beibehalten und hoffen, dass noch mehr Wetterauer Kommunalpolitiker sich für den Erhalt einsetzen“, betont Becker.

HintergrundDas Amtsgericht in Nidda ist eine über 136 Jahre historisch gewachsene Institution. Untergebracht ist es in einer ehemaligen Wasserburg, die während der Stauferzeit zwischen 1104 und 1200 als Burg des Grafen Berthold von Nidda zur Straßensicherung errichtet wurde. Später wurde auf den Fundamenten der Burg das heutige Schloss gebaut, es diente in Kriegszeiten Landgraf Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt in den Jahren 1688 und 1693 als Zufluchtsort. Rund 140 Jahre später, von 1821 bis 1848, wurde das Gebäude Amtssitz des Landrats und des Landgerichtsbezirks Nidda. 1874 kehrte die Justiz in die Räumlichkeiten zurück. Seit jenem Jahr ist das Schloss Sitz des Amtsgerichts Nidda. 1907/08 entstand ein Anbau mit Durchfahrt zum Schlosshof. Das Amtsgericht Nidda ist ein erstinstanzliches Gericht in Zivil- und Strafsachen. Der Gerichtsbezirk umfasst die Kommunen Nidda, Ranstadt, Schotten und Hungen. Jährlich werden dort etwa 800 Verfahren von 30 Mitarbeitern bearbeitet. Hinzu kommen jährlich weitere 1500 gerichtliche Betreuungsverfahren.

Quelle: Kreis-Anzeiger